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Schachfreunde Deizisau e.V.

Finale Bundesligarunde: Schachfreunde Deizisau verteidigen den vierten Tabellenplatz

Von GM Dmitrij Kollars

Am 6. und 7. April entschied sich die diesjährige Bundesligasaison im Solinger Gründer- und Technologiezentrum. Vor eindrucksvoller Kulisse kämpften die Schachfreunde Deizisau darum, den kürzlich eroberten vierten Platz festzuhalten. Nebenan rang Reisepartner Baden-Baden gegen die SG Solingen um den Titel und setzte sich im Vergleich zweier Weltklasseteams mit 5:3 durch. Genauso wie der nun 13-fache Rekordmeister gewann Deizisau beide Kämpfe des Wochenendes.

Düsseldorfer SK - SF Deizisau

Der Kampf der Schachfreunde gegen den Düsseldorfer Schachklub war als Pflichtaufgabe anzusehen, denn der Gegner hatte sich vorzeitig mit dem Abstieg abgefunden. Die Westfalener reisten ohne ihre Spitzenbretter nach Solingen und ließen stattdessen mehrere Lokalspielern zum Einsatz kommen. Auf der anderen Seite wurde der zuletzt siegreiche Achter kaum verändert, nur Vincent Keymer und Alexander Donchenko kehrten nach ihrem EM-Ausflug zurück ins Team. Auf den Brettern zeichneten sich früh – mal vor und mal nach Verlassen der Eröffnungstheorie - Vorteile für Deizisau ab. Matthias Blübaum gewann ein Theorieduell im modischen 4. Ld2-System der Nimzo-Indischen Verteidigung. Bald erreichte er ein Doppelturmendspiel mit gesundem Mehrbauern und kam ungefährdet zur Führung. Etwa eine Stunde später brach auch Vincent Keymer den Widerstand, indem er das zögerliche Eröffnungsspiel seines Gegners energisch widerlegte.

V. Keymer (2505) – M. Harff (2410)

Währenddessen demonstrierte Alexander Donchenko den Wert des Bauernzentrums.

B. Kohlweyer – A. Donchenko (2600)
Vorne gestaltete Leko das Duell der ehemaligen Vizeweltmeister friedlich. Jan Timman verteidigte sich mit dem Einfallsreichtum früherer Tage und kam nie in Schwierigkeiten. Am Nebenbrett diskutierte Kamsky die notorisch-ausgeglichene Berliner Verteidigung mit 5.Te1 und erreichte als Schwarzer das logische Resultat: Remis.
Kaum wurde in den restlichen Partien die Eröffnungsphase beendet, war der Kampf entschieden. Georg Meier ging nämlich aus der Französischen Rubinstein-Variante direkt ins Turmendspiel über, wo er minimale Vorteile zum Gewinn verdichtete. Andreas Heimann traf auf zähe Verteidigung in einem komplexen Doppelturmendspiel. Als ihm in vierter Spielstunde sein Vorteil abhanden kam, musste er sich ins Remis fügen. Schließlich lag es an mir, den 6:2 Entstand festzuhalten. Nach gescheiterter Eröffnungsbehandlung entkam ich glücklich einem Mattangriff und rettete mich in die Punkteteilung.

SF Deizisau – SG Solingen

Gegen die Star-Truppe des Ausrichters waren die Schachfreunde nominell leichter Außenseiter, doch der Trend begünstigte Deizisau. Die Solinger waren vom verlorenen Titelkampf am Vortag angeschlagen, während die Gastmannschaft eine erfolgreiche Spielzeit gelungen abschließen wollte. So hoch die anfängliche Motivation war, so aussichtsreich begann das Match.
Blübaum neutralisierte schnell Loek van Velys Anzugsvorteil und kam zu einem problemlosen Schwarzremis. Das selbe Resultat erreichte Leko, nachdem er sich mit Pentala Harikrishna einen Kampf um Eröffnungsfeinheiten geliefert hatte. In der Verbesserten Tarrasch-Verteidigung wich Harikrishna mit 13.De3 von einer aktuellen Vorgängerpartie (Shankland-Leko Bundesliga 2019) ab. Der Nachziehende war gewohnt gut vorbereitet und grub 20 Minuten lang im Gedächtnis, um die weiße Initiative anschließend sicher einzudämmen.
Von der schwarzen Seite setzte Keymer den bosnischen Großmeister Borki Predojevic unter Druck. In einem originellen Abspiel der Réti-Eröffnung platzierte er seine Figuren harmonischer, doch der Anziehende konterte mit schnellem Spiel und brachte Schwarz unter Zeitdruck. Vor dem 40.Zug verpassten beide Seiten gute Chancen und schließlich verflachte die Stellung. Vincent Keymer scheiterte damit hauchdünn an seiner letzten GM-Norm, aber schloss mit einer ELO-Performance von 2599 eine starke Saison ab.
Kamsky gilt als führender Experte des Londoner Systems. Gegen den österreichischen Spitzenspieler Markus Ragger zeigte er seine Erfahrung im gegebenen Stellungstyp, als er geschickt zwischen Angriff und Verteidigung balancierte. Der Schlüsselmoment der Partie ergab sich auf vollem Brett.
Es entwickelte sich ein umkämpftes Match mit ungewissem Ausgang, bis sich die Spannung in der Zeitnotphase auf und neben dem Brett entlud.
Donchenko hatte seine Partie vom ersten Zug auf Verwicklungen ausgelegt. Zuerst überraschte er Gegner, Zuschauer und Mannschaftskollegen mit 1.e4, dann gewann er in einem sizilianischen Flügelwettlauf die Oberhand. Bei beiderseits hängendem Blättchen endete die Begegnung in dynamischem Gleichgewicht.
Mit Erreichen der Zeitkontrolle wurde klar, dass Solingen an keinem der drei verbliebenen Bretter ausgleichen würde. Stattdessen überspielte Meier den indischen Nationalspieler Ganguly in einem weiteren Turmendspiel. Gelang ihm der Sieg am Samstag durch technische Genauigkeit, fand er diesmal ungewöhnliche taktische Ideen mit reduziertem Material.

G. Meier (2623) – S. Ganguly (2636)
Danach konnte auch ich meinen Gegner Predrag Nikolic in eine Falle locken und mit wenigen Steinen unverhofft gewinnen. Einmal mehr stellte Andreas Heimann den Entstand her, als er seine eigenen Gewinnversuche zum 5,5:2,5-Erfolg einstellte.
Die acht Spieler, denen der Sieg über Solingen gelang, gehörten während der ganzen Saison zu den Leistungsträgern. Am Spitzenbrett blieb Leko nach einem Fehlstart ungeschlagen, und gegen Caruana gelang ihm eine der besten Partien dieser Spielzeit. Auch Gata Kamsky und Georg Meier brachten Leistungen auf Weltklasseniveau. Die jüngeren Spieler punkteten gut an den hinteren Brettern und übertrafen die nominellen Erwartungen. Hervorzuheben ist außerdem Alexander Graf, der bei seinen sieben Einsätzen 6,5 Punkte holte und damit Topscorer im Team ist.
Nach Startschwierigkeiten spielte sich die Mannschaft bestens ein und verabschiedet sich mit neuem Selbstbewusstsein aus der Saison.